Deutschlandweit traten am 30. April Medizin-Begeisterte zum TMS in der Hoffnung an, auch ohne 1,0er-Abitur zum Medizin-Studium zugelassen zu werden. Wir waren für dich in Bonn den ganzen Tag vor Ort und haben mit den Teilnehmern gesprochen.
Idyllisch direkt am Rhein und gegenüber des Siebengebirges gelegen, ist die Sonne gerade erst aufgegangen, als ich am Testort, der Bad Godesberger Stadthalle ankomme. Trotzdem steht um kurz nach 7 mit Kai bereits der erste Teilnehmer vor der Halle, da er es nicht riskieren wollte, zu spät zu kommen. Er erzählt davon, wie er sich zwei Monate lang auf den Test vorbereitet hat und nebenbei eine Ausbildung zum Rettungssanitäter mache. Die finalen Tage vor dem Test hat er dann noch einmal besonders viel vor den Büchern gesessen: Zehn Stunden am Tag hat er zuletzt für den TMS „trainiert,“ wie er es nennt; „wirklich lernen kann man für den Test ja nicht.“ Der TMS fragt kein Wissen ab, das auswendig gelernt werden soll, sondern ist ein reiner Fähigkeitentest und testet dein Verständnis für naturwissenschaftliche und medizinische Problemstellungen.
Von anderen Teilnehmern höre ich später, dass sie bereits im November angefangen haben für den Test zu üben. Einigen hat auch ein Vorbereitungskurs dabei sehr geholfen.
Circa Viertel nach 8 ist dann auch endlich Einlass und die Registrierung beginnt. Mit durchsichtigen Plastiktüten voller Proviant und erlaubten Hilfsmitteln ausgerüstet, geben nach der Registrierung nun alle so viel wie möglich bei der Garderobe ab. Über die Plastiktüten, „die ja auf jeden Fall durchsichtig sein müssen,“ machen sich viele lustig und es wird häufig über die strengen Sicherheitsvorkehrungen diskutiert: „Das ist alles viel extremer als bei mir im Abitur,“ höre ich oft. Schwarze und Blaue Fineliner sind erlaubt, Kugelschreiber und Bleistifte aber nicht. Ein Taschenrechner, auch ein nicht-programmierfähiger, ist verboten („Auf jeden Fall noch einmal schriftliches Dividieren und Multiplizieren üben!“). Farbige Textmarker sind erlaubt.
Ähnlich viel wird über die Wunsch-Studienorte gesprochen. Viele würden am liebsten nach Marburg: Hier wird der TMS besonders positiv in die Bewertung einbezogen. Ähnlich ist es in München oder Ulm. Da allerdings die meisten Teilnehmer aus NRW kommen, ist für viele Marburg besonders attraktiv – auch weil es als Studentenstadt einen guten Ruf hat. Wie genau der Gesamtscore beispielsweise an der beliebten Uni Mannheim bzw. Heidelberg berechnet wird, ist vielen allerdings ein Rätsel.
Großes Unverständnis herrscht allerseits außerdem beim Thema Einstreuaufgaben: Das sind Aufgaben, die nicht gewertet werden. Hast du also beispielsweise 24 Fragen in einem Aufgabenbereich zu beantworten, werden nur 20 Fragen davon gewertet. Du weißt allerdings nicht, welche in die Auswertung einbezogen werden und welche nicht. Daher kann es vorkommen, dass auch vier von dir richtig beantwortete Aufgabenstellungen nicht in die Wertung einbezogen werden. Dadurch kann es passieren, dass du am Ende genauso viele Punkte hast, wie ein anderer Teilnehmer, der dieselben vier Fragen falsch bewertet hat.
Teilnehmer mit 1,9er- oder 2,0er-Abitur erzählen mir, dass sie es auf jeden Fall in die Top 10 Prozent der Testteilnehmer schaffen müssen, um direkt einen Studienplatz zu erhalten. Andere hoffen auf Nachrückverfahren der Unis. Victor wiederum erzählt mir, dass er bereits eine Ausbildung zum Zahntechniker macht und nun mithilfe des TMS trotz seines 2,0er-Abiturs Zahnmedizin studieren möchte. Ihm komme dabei zugute, dass die NCs für Zahnmedizin etwas niedriger sind: Während man an sehr unbeliebten Standorten einen Notenschnitt von 1,3 für Humanmedizin brauche, reiche bei Zahnmedizin oft noch 1,5, um aufgenommen zu werden.
Claudia, die vor Beginn des Tests noch einmal frische Luft schnappen will, wird es auch beim MedAT – dem österreichischen Medizin-Aufnahmetest – in Wien probieren, da sie sich erhofft, durch ihr erstes Staatsexam in Pharmazie einen Startvorteil im Wissensteil des MedAT zu haben. Da die Testergebnisse des MedAT und des TMS etwa zeitgleich veröffentlicht werden, wird sie es auf jeden Fall bei beiden Tests versuchen. Außerdem würde sie prinzipiell lieber nach Wien gehen, als in einer deutschen Kleinstadt zu studieren, in der die NCs in der Regel niedriger sind als in den Großstädten. Wenn sie dieses Jahr einen Studienplatz für Medizin erhält, plant sie, ihr Pharmazie-Studium zu unterbrechen und es nach Abschluss des Medizin-Studiums weiterzuführen. In beiden Berufen sei es schließlich kein Nachteil, als Absolvent etwas älter zu sein.
Um 9 Uhr dürfen alle endlich an ihre Tische. Der Test beginnt allerdings erst um Viertel vor 10. Wieder ist also warten angesagt, bevor über drei Stunden lang in den Bereichen ‚Muster zuordnen‘, ‚Medizinisch- naturwissenschaftliches Grundverständnis‘, ‚Schlauchfiguren‚, ‚Quantitative und formale Probleme‚ und ‚Konzentriertes und sorgfältiges Arbeiten‚ bis um 13 Uhr Höchstleistung gebracht werden muss.
Was mir die Test-Teilnehmer während der Pause und nach dem zweiten Teil des TMS erzählt haben, erfährst du im Laufe der Woche in Teil 2 und 3 unserer Reportage zum Testtag. Weiter Infos zum TMS erhältst du auf unserer Website (inkl. Vorbereitungskurse, die wir empfehlen können).